Das Schreibenlernen ist eine der zentralen Fähigkeiten, die Kinder in der Grundschule erwerben. Doch nicht für jedes Kind verläuft dieser Prozess reibungslos. Immer wieder stoßen Schülerinnen und Schüler auf Hindernisse, die den Lernfortschritt bremsen. In diesem Blogbeitrag werfen wir einen Blick auf die Herausforderungen des Schreiblernens, insbesondere den umstrittenen Einsatz der Anlauttabelle, und zeigen auf, welche modernen Ansätze Kindern helfen können, diese Stolpersteine zu überwinden.
Pisa-Studie und Schreibkompetenzen
Die Ergebnisse der Pisa-Studie zeigen regelmäßig, dass viele Kinder Schwierigkeiten haben, flüssig und fehlerfrei zu schreiben. In der PISA-Studie von 2022 zeigen sich deutliche Schwierigkeiten in den Kompetenzen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in Deutschland. Rund 30% der Jugendlichen erreichten nur niedrige Leistungen in mindestens einem der getesteten Bereiche Mathematik, Lesen oder Naturwissenschaften. In Bezug auf das Lesen, das mit dem Schreibenlernen eng verbunden ist, liegen die durchschnittlichen Ergebnisse der deutschen Schüler bei 480 Punkten, knapp über dem OECD-Durchschnitt von 476 Punkten.* Die Tendenz der letzten Jahre zeigt dabei leider einen negativen Trend, da die Leistungen im Vergleich zu früheren PISA-Studien gesunken sind.
Etwa ein Fünftel der deutschen Schülerinnen und Schüler gab zudem an, dass sie mindestens einmal eine Klasse wiederholen mussten – ein Anteil, der doppelt so hoch ist wie der OECD-Durchschnitt. Die pandemiebedingten Schulschließungen, die in Deutschland besonders lange andauerten, könnten ebenfalls zu den verschlechterten Ergebnissen beigetragen haben**.
Diese Zahlen zeigen, wie wichtig eine frühzeitige und gezielte Förderung im Lesen und Schreiben bereits in der Grundschule ist.. Dieser Befund ist besorgniserregend, denn die Schreib- und Lesekompetenzen bilden das Fundament für den schulischen und beruflichen Erfolg.
Ein Faktor, der diese Schwierigkeiten verstärken könnte, ist die Art und Weise, wie das Schreiben in den Grundschulen vermittelt wird. Hier spielt die Anlauttabelle eine zentrale Rolle – und steht zugleich in der Kritik.
Die Anlauttabelle – Hilfsmittel oder Hindernis?
Die Anlauttabelle wird in vielen Grundschulen eingesetzt, um Kindern das Schreiben näherzubringen. Sie soll den Kindern helfen, Laute zu erkennen und mit Buchstaben zu verknüpfen. Dies klingt zunächst wie ein einfacher und logischer Weg. Doch die Praxis zeigt, dass diese Methode gerade bei vielen Kindern zu Problemen führt. Warum?
Die Anlauttabelle regt Kinder dazu an, Wörter lautgetreu zu schreiben. Das führt oft dazu, dass sie Wörter so schreiben, wie sie sie hören, ohne dabei auf die korrekte Rechtschreibung zu achten. So wird zum Beispiel aus „Vogel“ schnell „Fogl“ und aus „Zwiebel“ „Zwibl“. Solche falschen Schreibweisen verankern sich bei vielen Kindern und sind später nur schwer zu korrigieren. Besonders im Deutschunterricht der weiterführenden Schulen müssen diese Kinder dann aufwendige Nachhilfen in Anspruch nehmen, um die Grundregeln der Rechtschreibung nachzuholen.
Neurowissenschaftliche Erkenntnisse: Wie das Gehirn lernt
Glücklicherweise bietet die moderne Hirnforschung wertvolle Ansätze, um diese Herausforderungen zu meistern. Die Neuroplastizität des Gehirns – also die Fähigkeit, sich durch neue Erfahrungen und wiederholte Übung anzupassen – spielt eine Schlüsselrolle beim Erlernen des Schreibens. Wissenschaftler haben festgestellt, dass regelmäßige, gezielte Übung besonders effektiv ist, um neue Schreibfertigkeiten zu verinnerlichen.
Das Gehirn bildet durch das wiederholte Schreiben neue neuronale Verbindungen, die das Erlernte verfestigen. Wichtig ist dabei, dass diese Wiederholungen korrekt erfolgen. Falsche Schreibmuster, wie sie durch die Anlauttabelle häufig entstehen, sind später schwieriger zu korrigieren. Daher setzen viele moderne Ansätze auf klare, strukturierte Lernmethoden, die von Anfang an auf die richtige Rechtschreibung abzielen.
IntraActPlus: Ein moderner Ansatz für das Schreibenlernen
Ein vielversprechender pädagogischer Ansatz, der auf diesen neurowissenschaftlichen Erkenntnissen basiert, ist das IntraActPlus-Konzept. Dieses Konzept verfolgt das Ziel, Kindern durch klare und strukturierte Wiederholung das korrekte Schreiben beizubringen. Dabei wird besonderer Wert darauf gelegt, dass Schreibprozesse von Anfang an automatisiert werden, um später auftretende Fehler zu vermeiden.
Das IntraActPlus-Konzept nutzt gezielte Übungen und strukturierte Lernschritte, um das Gehirn auf die korrekte Schreibweise zu trainieren. Dies fördert nicht nur das Schreibenlernen, sondern auch die allgemeine Lernmotivation. Kinder, die durch IntraActPlus gefördert werden, profitieren von einem sichereren und schnelleren Lernprozess, der ihnen hilft, das Schreiben erfolgreich zu meistern.
Maßnahmen zur Verbesserung des Schreibunterrichts
Einige Bundesländer, wie Hamburg, Schleswig-Holstein, Bayern und Sachsen, haben bereits auf die zunehmende Kritik an der Anlauttabelle reagiert und den Einsatz dieser Methode stark eingeschränkt oder ganz vermieden. Sie setzen verstärkt auf strukturierte Lernansätze, die den Kindern von Anfang an das korrekte Schreiben vermitteln, um die Verinnerlichung falscher Schreibmuster zu verhindern. Diese Maßnahmen sind ein wichtiger Schritt, um die Qualität des Schreibunterrichts zu verbessern und langfristig die Schreibkompetenzen der Schüler zu stärken.
Fazit: Frühzeitig handeln, um das Schreibenlernen zu erleichtern
Das Schreibenlernen ist ein komplexer Prozess, der durch falsche Methoden erschwert werden kann. Die Anlauttabelle steht dabei besonders im Fokus der Kritik, da sie häufig zu fehlerhaften Schreibweisen führt, die nur schwer korrigierbar sind. Die Pisa-Ergebnisse und die steigende Zahl funktionaler Analphabeten in Deutschland verdeutlichen, wie wichtig es ist, diesen Prozess von Anfang an richtig zu unterstützen.
Moderne Ansätze wie das intraActPlus-Konzept bieten eine vielversprechende Alternative, um das Schreiben strukturiert und nachhaltig zu erlernen. Durch gezielte Übungen und regelmäßige Wiederholung können Kinder Schreibfähigkeiten verinnerlichen, die ihnen auch langfristig im schulischen und beruflichen Leben zugutekommen.
Was können Eltern tun?
Für Eltern, deren Kinder gerade in die Schule gekommen sind, ist es besonders wichtig, mögliche Stolpersteine frühzeitig zu erkennen und gezielt anzugehen. Wenn Sie bemerken, dass Ihr Kind Schwierigkeiten beim Schreiben hat oder unsicher im Umgang mit Buchstaben und Lauten ist, kann eine frühzeitige Förderung entscheidend sein. Als Lern- und Verhaltenstherapeutin unterstütze ich Sie und Ihr Kind dabei, diese Herausforderungen zu meistern. Kontaktieren Sie mich gerne, um gemeinsam den besten Weg für eine individuelle und gezielte Förderung zu finden – damit Ihr Kind erfolgreich und mit Freude schreiben lernt!
*Quelle:
oai_citation:3,PISA study: weaker performance in mathematics, reading and science – TUM oai_citation:2,Education GPS – Germany – Student performance (PISA 2022).
**oai_citation:1,Education GPS – Germany – Student performance (PISA 2022)